Das 50-jährige Bestehen des Vereins wurde mit dem 25-jährigen Jubiläum des Verbandes der Geflügelzuchtvereine Westfalen am 11. und 12.11.1911 auf dem Johannesberg gefeiert. Gleichzeitig liefen die Verbandsversammlungen und eine große Jubiläumsschau mit über 1.100 Tieren ab. Berichterstatter Dr. Trübenbach aus Chemnitz schreibt in der Geflügelwelt über diese Ausstellungen: „Die Herren Sauerland, Schmidt und Retemeyer haben keine Mühe gescheut, um alles im besten Licht erscheinen zu lassen. Schon die Wahl des Ausstellungslokals muß als außerordentlich glücklich bezeichnet werden, denn die herrliche Lage, frei auf erhöhtem Terrain mit wundervoller Fernsicht auf das Hermannsdenkmal hat zur guten Durchführung ganz besonders beigetragen. Die Lichtverhältnisse waren die denkbar Besten, nur die Hühner standen teilweise etwas dunkel. Die l .000 Tiere wurden in der damaligen Zeit von sechs Preisrichtern bewertet. Von den Gründungsmitgliedern nimmt 50 Jahre danach noch Friedrich Wilhelm Lütkemeier beratend an den Veranstaltungen des Vereins teil. Die Stadt Bielefeld überreichte diesem Züchter während der Veranstaltung die silberne Denkmünze. In der Klasse 113 bekommt der Züchter Oskar Schaerff auf einem modernen englischen Zwergkämpferhahn die Note „vorzüglich“ zugesprochen.“
Die Geflügelzucht in Deutschland sollte in ideeller Beziehung gefördert, die Produktion gesteigert werden, um sich vom Ausland unabhängig zu machen. Diese Bemühungen wurden aber durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges jäh unterbrochen. Fortan drehte sich alles um die Frage: Wie bringe ich meine Lieblinge durch? Wie rette ich, was zu retten ist? Die Vereinsmitglieder hatten sich aber verhältnismäßig schnell auf die veränderte Lage eingestellt und waren bemüht, Futter herbeizuschaffen, trotz aller Hindernisse. Schließlich mußte empfohlen werden, nur das wertvollste Tiermaterial zu behalten. Die Futtermittelknappheit war leider nach Kriegsende noch lange nicht behoben; es gab große Schwierigkeiten zu überwinden.
Die Folgen der traurigen Nachkriegszeit war unter anderem auch die Verschmelzung der beiden Vereine Geflügelzucht und Tierschutz zu Bielefeld mit dem Gadderbaumer Verein. Die Organisation gab sich nun den Namen „Geflügelzucht und Tierschutz Bielefeld-Gadderbaum, gegründet 1861“. Diese Verschmelzung war in erster Linie das Werk von K. Ruthmann, C. Lüttge, A. Schnelle, Albert Hartge und August Kleinker. Ehrenmitglieder waren bei der Verschmelzung die Züchter Oskar Schaerff, Alfred Kaeller, Dr. Richard Kaselowsky, Dr. Theo Kaselowsky, Hermann Hellmann, Wilhelm Vogt. In dessen Gaststätte „Hoffnung“ am Haller Weg 50 wurden auch die monatlichen Versammlungen abgehalten. Ehrenvorsitzende waren nach der Verschmelzung die Züchter Carl Ruthmann, Kurt Lüttge, August Schnelle, Albert Hartge, ein in Deutschland bekannter Preisrichter, wurde Vorsitzender. Die jährlichen Ausstellungen erhielten eine bessere Ausstattung. Sie waren mit Tieren sehr zahlreich beschickt. Bis 1924 lief die Ausstellung unter dem Namen „Westfälische lippische Junggeflügelschau Bielefeld“ in der herrlichen städtischen Ausstellungshalle Am Stadtholz.
1925 erhielt die Bielefelder Schau auf Antrag von Oskar Schaerff den Namen „Westfalenschau“. Die Westfalenschau war in den 20-iger Jahren in Deutschland bekannt. Ausgestellt wurden meist um 1.500 Tiere. Preise der Landwirtschaftskammer der Stadt Bielefeld, des Landes- und Kreisverbandes wurden vergeben. Es gab auch Siegerbänder. Der Ausstellung angegliedert war die Zwerghuhnschau der „Roten Erde“ des Vereins der Zwerghuhnzüchter von 1911, Sitz Bielefeld.
Die Machtergreifung am 30.01.1933 und das Ermächtigungsgesetz vom 24-03.1933 brachten auch für den Bielefelder Verein große Veränderungen. Es gab nun den Führer und zwei Beisitzer in der Organisation. Die weiteren Mitglieder des Vorstandes wählte der Führer. Der in ganz Deutschland bekannte Experte für Rassegeflügelzucht der Preisrichter Albert Hartge mußte sein Amt als 1. Vorsitzender niederlegen, weil er Sozialdemokrat war. Für ihn übernahm das Amt der Nationalsozialist Wilhelm Lange. Im Herbst mußte der Verein die Tierzahlen seiner Mitglieder beim Kreisverband angeben. Der mußte sich fortan Kreisfachschaft für Geflügel nennen. Die Tierschutzabteilung wurde von den Machthabern vom Verein abgetrennt. Mit einer Jubiläumsausstellung in der städtischen Ausstellungshalle feierte der Verein sein 75-jähriges Bestehen. Ausgestellt waren im Jahre 1936 exakt 693 Tiere. Die Kreisfachgruppenschau für Bielefeld Stadt und Land war dieser Ausstellung angeschlossen. Im gleichen Jahr fand auch in Leipzig der Weltgeflügelkongreß statt, die Züchter Hermann Sewing und Wilhelm Lange beteiligten sich an dieser Ausstellung mit Erfolg.
Die folgenden Jahre waren die traurigsten Jahre unseres Vaterlandes auch für die Rassegeflügelzucht. Die meisten Züchter standen an der Front, die wenigen Zuchttiere wurden von älteren Züchtern oder den Ehefrauen versorgt. Im Jahre 1939 brach der 2. Weltkrieg aus. Unsere Züchter legten wohl schweren Herzens Zuchttabellen und Legelisten aus der Hand. Die Züchterarbeit war unterbrochen. Sechs Jahre tobte der Kampf. Der Bielefelder Verein verlor im Bombenhagel seine umfangreiche Bibliothek und fast alle Dokumente seiner langen Geschichte. Doch die Liebe zur Geflügelzucht war ungebrochen.
In den provisorisch abgedeckten Hallen des Schlachthofes gab es bereits in Verbindung mit der Kreisschau im Herbst 1945 wieder die erste Westfalenschau. In dem aus schlechten Papier bestehenden Katalog wurden die Bewertungen mit Bleistift eingeschrieben. Schwierigkeiten bereitete in diesem Jahr den Züchtern die Futterversorgung, es gab keine Baumaterialien für den Stallbau, keinen Maschendraht für die Einzäunung. Schwierigkeiten bereitete auch die Aufzucht der Jungtiere, denn es gab keine Briketts für die richtigen Temperaturen der Kükenheime. Elektrische Heizquellen konnte sich niemand leisten. Trotz dieser Schwierigkeiten mußten die Rassegeflügelzüchter pro Henne 10 Eier abliefern. Sie halfen damit der gesamten Bevölkerung über die härtesten Notzeiten hinweg.
In einer ersten Versammlung nach dem Krieg gab sich der Verein für Geflügelzucht Bielefeld-Gadderbaum, gegründet 1861, einen neuen Namen. Er hieß nun „Verein der Rassegeflügelzüchter Groß-Bielefeld, gegründet 1361. Der Vorstand setzte sich wie folgt zusammen: l. Vorsitzender A. Droge, 2. Vorsitzender Heinrich Dopheide, 1. Schriftführer
W. Grote, 2. Schriftführer G. Pöppinghaus, 1. Kassierer E. Pladeck, 2. Kassierer W. Neumann, Zuchtberater und Ausstellungsleiter für die Westfalenschau Albert Hartge, Gerätewart W. Mohr, Beisitzer G. Lütgert, W. Tiemann und A. Oldemeier. Die in den Jahren 1946 bis 1948 durchgeführten Westfalenschauen brachten dem Verein viele neue Mitglieder. Der Verein stiftete auf diesen mit weit über 2.000 Tieren beschickten Schauen für die besten Tiere 15 blaue Siegerbänder. An der Ausstellung 1946 beteiligten sich 16 große deutsche Sondervereine. Aufgrund der hohen Meldezahlen faßte das Hallengelände des Schlachthofes nicht alle Tiere. Eine größere Zahl mußte auch in den Umkleidehallen des städtischen Freibads einquartiert werden. Die letzten großen allgemeinen Schauen unter der Bezeichnung „Bielefelder Rassegeflügelschau“ fanden 1949 und 1950 statt. Danach konnte die Stadt kein Hallengelände für eine größere Ausstellung zur Verfügung stellen. Die Amtszeiten der Vorsitzende in dieser Zeit wurden immer kürzer. 1949 trat Helmut Gefeke dieses Amt an; es folgten in den nächsten Jahren die Zuchtfreunde Albert Lütkehölter, Erich Pladeck und Fritz Schmidt.
Am 07.03.1953 beschloß die Mitgliederversammlung eine Änderung der bisherigen Satzung. Sie ist am 18.06.1953 in das Vereinsregister eingetragen worden. Damit erhielt der Verein den Zusatz „e.V.“. Eines seiner aktivsten Mitglieder, Albert Hartge, wurde am 03.03.1960 vom Präsidenten def BDRG, Wilhelm Ziebertz zum Ehrenmeister ernannt.
Am 18.02.1961 feierte der Verein sein 100-jähriges Jubiläum. Zu dieser Veranstaltung hatten sich so viele Züchter angemeldet, so daß kurzfristig noch ein Lokalwechsel vorgenommen werden mußte. Im „Kahlen Krug“ in Theesen fand sich ein: Als Ehrengäste, der 2. Landesverbandsvorsitzende Walter Reinholdt, Willi Denninghoff als Kreisverbandsvorsitzender, Ehrenmitglied Dr. Theo Kaselowsky aus Ohlstadt (Bayern).
Am 12.04.1986 feierte der Verein sein 125-jähriges Gründungsjubiläum, der Präsident des Landtages von NRW Karl-Josef Denzer, Oberbürgermeister Klaus Schwickert, Präsident des BDRG Wilhelm Schönefeld aus Hannover und Landesverbandsvorsitzender Heinz Schneider sprachen Grußworte vor über 500 Ehrengästen aus dem In- und Ausland im festlich geschmückten Abgeordnetensaal des Bielefelder Rathauses. Höhepunkt des Festaktes war ein Festvortrag von Prof. Dr. Wolfgang Nahrstedt zum Thema: „Freizeit, Kultur und Ökologie zum Freizeitwert der Rassegeflügelzüchter. Ein Novum der Veranstaltung: Die Neuerscheinung des Buches „125 Jahre Geflügelzucht in Westfalen“.
Verfasser: Wilfried Detering. Besonders zu erwähnen sind die herausragenden Leistungen von Wilfried Detering.
Am 28.04.1986 erhielt Wilfried Detering das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund seines persönlichen Einsatzes in der Rassegeflügelzucht wurde er zum Ehrenmeister des BDRG, zum Meister des Landesverbandes Westfalen-Lippe und Meister der Deutschen Zwerghuhnzucht ernannt. Darüber hinaus erhielt er die goldene Ehrennadel der Länder Sachsen und Hannover, er ist Life Vice Präsident von Cornwall/England und Ehrenmitglied im Modern English Garne Club und des Schweizer Kämpferclubs.